Herbstpressekonferenz 2021, WG Britzingen, Markgräflerland
Bei der diesjährigen Herbstpressekonferenz des Badischen Weinbauverbandes in Britzingen im Markgräflerland schilderte Weinbaupräsident Rainer Zeller die Unbillen des Jahrgangs 2021. Frost und Hagelschäden hätten insbesondere im Markgräflerland zu Ertragseinbußen geführt.
Bereits um die Osterzeit, so Holger Klein, stellvertretender Geschäftsführer des Weinbauverbandes, traten teilweise starke Frostschäden von 20 bis 80 Prozent in den Bereichen Markgräflerland, Kaiserstuhl, Tuniberg, Breisgau und der Ortenau auf. Die Anbaubereiche Badische Bergstraße, Bodensee, Kraichgau und Tauberfranken seien glücklicherweise weitestgehend verschont geblieben.
Frühjahrsfröste um Ostern mit teilweise 80% Ertragsausfällen, Hagelschauer, überdurchschnittliche Niederschläge mit gravierenden Auswirkungen auf die Rebgesundheit (Pilzkrankheiten wie Rebenperonospora und Esca). Insbesondere die Biowinzer wurden hart getroffen.
Der Weinbau werde künftig wohl häufiger mit vergleichbaren Extremjahren zu rechnen haben. Weitere Einschränkungen bei Pflanzenschutzmitteln könnten die Winzer in Jahren wie 2016 und 2021 an den Rand ihrer Existenz bringen.
Baden werde 2021 eine um 20 Prozent geringere Weinmenge (2019 = 120 Mio. l, 2020 = 110 Mio. l) einfahren. Bei stabilen Witterungsverhältnissen könne „auf gute Qualitäten mit moderatem Alkoholgehalt und einer animierenden Aromenausprägung“ gehofft werden.
Während es sich beim Klimawandel am Mittelmeer lediglich um eine Erhöhung der Temperatur bei bleibender Trockenheit handle, so Landwirtschaftsminister Peter Hauk MdL, trage in unseren Breiten d.h., nördlich der Alpen, zusätzlich die Feuchte eine tragende Rolle hinsichtlich des Pilzdrucks. Daher müsse die Pilzwiderstandsfähigkeit unserer Rebsorten deutlich erhöht werden. Auf politischer Ebene, insbesondere für die Biowinzer, sei mit einer Neuzulassung von Pflanzenschutzmitteln, die es schon vor 10 Jahren gab, den sog. Organischen Phosphonaten, nicht zu rechnen. Es wäre falsch, die Hoffnung auf Pflanzenschutzmittel zu setzen, die es schon gibt. Die Forschung sollte weiterkommen mit Bioziden, vor allen Dingen das Augenmerk auf pilzwiderstandsfähige Sorten legen. Beim Bund und der Europäischen Kommission werde man sich dafür einsetzen, mehr Ressourcen in die Erforschung alternativer Behandlungsmittel zu investieren.
Natürlich würde ein Winzer entgegnen, dass es unheimlich schwierig sei, neben Rebsorten wie dem Gutedel, dem Aushängeschild der Markgräfler Winzer oder Riesling, Ruländer, Grauburgunder oder Spätburgunder, eine neue Rebsorte zu vermarkten. Die Leute seien doch überfrachtet.
Hauk glaube, „wir sollten auch unsere Vermarktungs- und Marketingstrategien überdenken. Wir sollten verstärkt darauf gehen, was die Menschen wollen. Die Menschen kaufen nicht den Riesling. Den Gutedel kauft man, weil man weiß, den gibt es nur im Markgräflerland und am Bodensee auf der Reichenau.“ Ansonsten werde selten die Sorte gekauft, man kaufe den Wein, den man kenne, der einem schmecke, der gut sei. Das Heil liege in der Vermarktung der Genossenschaften und Winzer selber.
Der vermeintliche Nachteil der kleinteiligen Aufstellung gegenüber anderen Weinbauregionen der Welt wie den Kaliforniern, Franzosen, Südafrika, Argentinien oder Chile, könne auch eine Lösung sein! Dass eben eine im Weltmaßstab kleine WG Britzingen auch deshalb heraussteche, weil sie eben die WG Britzingen sei. Weil man die Lage und Landschaft kenne, sich, wenn man einmal hier im Urlaub war, daran erinnere und deshalb auch den Wein trinke. Es sei sekundär, um welche Rebsorte es sich dabei handle, wichtig sei, dass der Wein schmecke.
Nicht die Sorte sei bei den pilzwidestandsfähigen Rebsorten an die Frau oder den Mann zu bringen, sondern der Wein! Diesen so zu machen, dass er beim Konsumenten ankomme. Die Möglichkeit der Cuvées sollte hier durchaus noch intensiver genutzt werden, als es bisher der Fall sei. Es mache auch Sinn, dass man den Wein mehr mit dem Namen des Erzeugers als mit der Rebsorte verbindet. Das Weinbezeichnungsrecht gebe hier mittlerweile verschiedenste Möglichkeiten, die man nutzen sollte.
Artenvielfalt und Weinbau beschränkten sich nicht nur auf die Frage, wie die Weinberge bewirtschaftet werden. Wichtig sei auch, wie diese bewirtschafteten Flächen in die anderen Flächen eingebettet seien. Die Vielfalt werde ebenso, im Gegensatz zu hunderte von Hektar großen Monokulturen, von abwechslungsreichen Baumgruppen, Hecken, Trockenmauern u.a. in relativ kleinteiligen Strukturen bestimmt.
Diese Vielfalt gelte es zu erhalten, ebenso den Weinbau. Der Weinbau in Baden-Württemberg sei eben teuer, da noch immer mit handwerklichen Tätigkeiten verbunden. Es sei wichtig, dass der altersbedingten Strukturwandel die Bewirtschaftung der Flächen weiterhin ermögliche und genügend Nachfolger gefunden werden.
Der gesellschaftliche Wandel mit der Forderung nach mehr Artenschutz und Biodiversität sei eine Herausforderung und erzeuge einen hohen Erwartungsdruck auf die Landwirtschaft und den Weinbau. Mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz habe die Landesregierung in 2020 einen wichtigen Schritt getan. Minister Hauk: „Bis 2030 sollen beispielsweise 40 bis 50 Prozent chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel eingespart und der ökologische Anbau auf 30 bis 40 Prozent der Fläche ausgedehnt werden.

Minister Hauks größte Sorge sei derzeit die, dass es genügend Menschen gebe, die von der Bewirtschaftung auch leben können. Und damit sie das könnten, müsse der Absatz stimmen.
Und eben dies sei das Entscheidende, dass man dies den Bürgerinnen und Bürgern begreiflich mache. Auf jene in Schleswig-Holstein, in Übersee und England oder Dänemark habe er nur wenig Einfluss. Aber auf die Baden-Württemberger Bürger und Landesregierung könne er als Landesminister ein bisschen einwirken. Die Botschaft hieße eindeutig „Wer den Wein hier aus Baden-Württemberg trinke, leiste auch einen Beitrag für die Erhaltung der Kulturlandschaft.“
Durch Trinken könne man dazu beitragen, dass die Landschaft so bliebe wie sie sei. Jede 2.Flasche Wein, die hier getrunken werde, stamme eben nicht aus Baden-Württemberg, sondern aus anderen Ländern. Etwas mehr Lokalpatriotismus nütze schließlich auch einem selbst, wenn man die Fensterläden öffne mit Sicht in eine solch herrliche Landschaft.
Zu diesem Aspekt sollen in den nächsten 4–5 Jahren in Zusammenarbeit mit den Weinbau- und landwirtschaftlichen Verbänden einige Akzente zum Thema „Natürlich VON DAHEIM“ gesetzt werden. Das Land werde die Regionalkampagne weiterentwickeln, um den Konsum regionaler Produkte zu fördern.

Offizielle Weinlese-Eröffnung des Jahrgangs 2021 beim Badischen Weinbauverband in Britzingen. v.l.: Martin Löffler (Bürgermeister Müllheim), Holger Klein (stellv. Geschäftsführer Badischer Weinbauverband), Landwirtschaftsminister Peter Hauk, die Badische Weinkönigin Katrin Lang, Weinbaupräsident Rainer Zeller sowie die Vizepräsidenten des Verbandes Martin Schmidt, Stephan Danner und Thomas Walz